Die Josefskirche, eine durch Säulen in drei Schiffe geteilte Pfarrkirche, wurde „im Stile der Florentiner Renaissance“ vom 14. Mai 1903 bis zum 25./26. Oktober 1905 erbaut.
Am 16. Jänner 1898 verkündete Fürstbischof Leopold Schuster in seinem Hirtenschreiben, dass zu Ehren des hl. Josef, des Landes- und Schutzpatrons der Steiermark eine Kirche erbaut werden sollte. Als Anlässe sah er neben dem 60-jährigen Priesterjubiläum des damaligen Papstes Leo XIII auch das 50-jährige Regierungsjubiläum des Kaisers Franz Joseph I. und das 300-jährige Jubiläum der Wiederherstellung des katholischen Glaubens in der Steiermark.
Diesen Anlässen entsprechend gab es Schwierigkeiten beim Erhalt der Baugenehmigung, da zahlreiche Gegner den Bau der Kirche alles andere als goutierten. Letztendlich setzte sich Bischof Schuster durch und am 11. Oktober 1903 konnte der Grundstein der Kirche gelegt werden. Am 25./26. Oktober 1905 war die Kirche schließlich fertiggestellt.
Vor der feierlichen Einweihung der Kirche gab es noch zahlreiche Versammlungen, die teils aus weltlich- und teils aus kirchenpolitischen Gründen („Los-von-Rom-Bewegung“) gegen den Bau und die Existenz der Kirche wetterten. Diese verloren die Kirche aber schnell aus dem Blick, da ihre Auseinandersetzungen darüber hinauswuchsen und so konnte die Kirchenweihe am Samstag, dem 09. Mai 1908, ruhig und feierlich, verlaufen.
Zum Fest des heiligsten Namens Jesu am 16. Jänner 1898 verkündete Fürstbischof Leopold Schuster in seinem Hirtenschreiben, dass dem hl. Josef, dem Landespatron der Steiermark, sei für den vielhundertjährigen Schutz, den er vor allem der Steiermark gewährt habe, zum Dank eine Votivkirche gebaut werden soll.
Als speziellem Anlass für diesen Bau nennt der Bischof nicht weniger als drei Jubiläen:
Noch gewohnt, die Hirtenbriefe selber zu verfassen und mit Tinte zu schreiben, schrieb Schuster: „Wo der Papst ist, da ist die wahre Kirche; wo die wahre Kirche ist, da ist Christus; wo Christus ist, da ist Wahrheit und Leben. Daher nicht: ‚los von Rom!’, sondern ‚hin nach Rom!’ muss unser Losungsruf sein. Dort ist der Fels, auf dem Christus seine Kirche gebaut hat.“
Zum fünfzigsten Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph I. ruft Schuster die Steirer auf: „Wir selbst aber wollen wieder feierlich geloben, dass wir stets mit unverbrüchlicher Treue unserem Herrscherhause anhängen, seine Rechte verteidigen und alle als Feinde und Verräter behandeln wollen, welche die Liebe zu Kaiser und Reich und die Gefühle des Patriotismus und der dynastischen Treue untergraben.“
Das dritte Jubiläum, die Gegenreformation, kommentiert der steirische Kirchenfürst: Mit dem Jahr 1598 habe Erzherzog Ferdinand, der spätere Kaiser, „weil er als die Hauptursache aller Übel den Abfall von der katholischen Kirche betrachtete“, beschlossen, die katholische Religion wieder herzustellen. Zuerst habe er als die Urheber aller Unordnung die lutherischen Prediger aus Graz und dem ganzen Lande vertrieben; dann habe er alle protestantischen Kirchen und Schulen zugesperrt und befohlen, dass alle seine Untertanen wieder zum alten katholischen Glauben, zurückkehren sollten. Nun solle zum Gedenken an die erfolgreiche Gegenreformation eine Jubiläumskirche als Votivkirche zum heiligen Vater Josef erbaut werden.
Die Tageszeitung des Katholischen Pressvereines „Das Grazer Volksblatt“ bekräftigte mit treu ergebenen Argumenten die fürstbischöflichen Hirtenworte. Im Grazer Gemeinderat tobte indes ein weltanschaulich bedingter Streit über die Baugenehmigung. Wenn man schon eine neue Kirche erbaue, solle man doch einen Kirchenstil wählen, wenn schon nicht den gotischen, so doch einen ausgesprochenen, den romanischen oder die deutsche Renaissance. Andere wandten ein: Die Kirche hat dem deutschen Volk viele Wunen zugefügt und ist demselben seit jeher feindselig gegenübergestanden. Daher soll kein Geld in diesen Kirchenbau fließen. Eine dritte Meinung war, dass, wenn der Bau der Kirche verhindert werden kann, er verhindert werden sollte, da es in Graz bereits genug Kirchen gebe.
Der Fürstbischof ließ sich durch nichts beirren: Mit Erteilung der heiß umkämpften Baugenehmigung vom 26. August 1902 vollendete man die Detailplanung, und am 14. Mai 1903 wurde der Kirchenbau mit dem Erdaushub begonnen, dem folgte am 11. Oktober desselben Jahres die feierliche Grundsteinlegung. „Am Geburtstag des Kaisers (18. August) des nächsten Jahres konnte bereits das Gleichfest gebührend gefeiert werden. Mit der Weihe und dem Aufzug des Turmkreuzes endete das dritte Baujahr (25./26. 10. 1905), in dem auch die flache Decke des Hauptschiffes angebracht worden war. Das Turmkreuz, nach den Entwürfen des Architekten und Stadtbaumeisters Hans Pascher hergestellt, verdiene als ein Meisterwerk der Schmiedekunst besonders hervorgehoben zu werden, ließ uns der Autor der Baugeschichte und des ersten Kirchenführers, Peter Alkantara Macherl, 1909 wissen.
Während Hand angelegt wurde, um die letzten Arbeiten zur Vollendung der Kirche zu verrichten, sollte eine unerwartete antikirchliche Polemik losbrechen, die aber nur vorübergehend die Feststimmung minderte. Die Kampagne begann mit einem Aufruf: „Die konfessionellen Hetzer an der Arbeit.“ Die sechs unterzeichneten Organisationen, angeführt vom „Deutsch-evangelischen Bund für die Ostmark“ und vom „Verein der Altkatholiken“, forderten darin alle Bevölkerungsschichten von Graz auf, ihre freiheitliche Gesinnung dadurch zu bestätigen, dass sie sich massenhaft zu der am 18. März in den Annensälen stattfindenden Volksversammlung einfinden, in der nicht nur die Gegenreformation, sondern der Klerikalismus überhaupt in seinem volks- und kulturfeindlichen Treiben gekennzeichnet werden soll! Die Josefskirche, deren Einweihung „heuer stattfinden soll“, war der Stein des Anstoßes; näherhin deren Grundstein, in dem die eingemauerte Urkunde ausdrücklich betonte, dass diese Kirche unter anderem zur Erinnerung an die vor 300 Jahren in Steiermark wiederhergestellte Glaubenseinheit erbaut werden soll.
Die Sozialdemokraten riefen in ihrem Parteiorgan „Arbeiterwille“ zu einer eigenen „Volksversammlung“ für den 17. März in den Juliensälen auf. Die Tagesordnung prangte auf der Titelseite: „1. Die Märzrevolution im Jahre 1848 ... 2. Die Herrschaft des Klerikalismus in Österreich.“ Auch in dieser Versammlung, in der zunächst mangels anderer Revolutionen das 60-Jahr-Jubiläum der Märzrevolution von 1848 - ohne Zweifel als Pendant zum 60-jährigen Regierungsjubiläum des Kaisers - lautstark gefeiert wurde, fielen entsprechende Worte über die „furchtbaren Schrecknisse“ der Gegenreformation.
Die eigentliche gegen die Josefskirche gerichtete „antiklerikale“ Protestversammlung war bei zahlreichem Besuch vor allem aus der Studentenschaft aber die am 18. März. Der „apostasierte“ Franziskanerpater und alt-katholische Pfarrvikar Josef Ferk(Ferge), mit reichem Beifall bedacht, griff als Versammlungsredner voll in die Saiten. Die Josefskirche ist ihm zufolge „nichts anderes ... als ein Denkmal der Vergewaltigung der Freiheit. Viele müssten sich in fernen Tagen wundern, dass es möglich war, in dieser freiheitlichen Stadt ein Denkmal der Schande aufzuführen“. Dann versuchte sich Pfarrvikar Ferk(Ferge) als Prophet und polterte vom Rednerpult: „Diese Kirche ist gebaut worden als ein Denkmal der Schande!“, so werde es von der Stätte einstens heißen, wenn er schon längst nicht mehr sein werde. Dies könne er, formulierte Ferk(Ferge) gleich einem modernen Politologen bzw. Prognostiker, „kühl berechnend, vorhersagen“. Links stehe ihm dabei die Geschichte zur Seite, rechts die Wissenschaft.
Der evangelische Pfarrer Mahnert hatte sich bei seiner Rede weniger die Josefskirche als vielmehr den Zölibat zum Ziel seiner Angriffe gewählt und die gewohnten „Los-von-Rom“-Parolen von sich gegeben.
Der Reigen der Volksversammlungen mit einer massenhaft besuchten Gegenkundgebung der Katholiken wurde am 6. April 1908 in der Industriehalle fortgesetzt und zum Abschluss gebracht. Die vom bekannten Kirchenmaler und Nazarenerkünstler, Schulrat Ludwig Ritter von Kurz zum Thurn und Goldenstein, eingebrachte und unter stürmischem Beifall angenommene lange Resolution war eine polemische General-abrechnung mit allen Feinden der Kirche und erreichte ihren Höhepunkt mit dem Aufruf: „... hinaus mit den katholikenfeindlichen Zeitungen aus den katholischen Familien“ - womit die „Tagespost“ und das „Tagblatt“ gemeint waren - „weg mit den Brandstiftern aus dem öffentlichen Leben.“ Von der Josefskirche war in der angenommenen Resolution keine Rede mehr, der Konflikt war über sie hinausgewachsen. Sie sah indes ihrer Einweihung frisch gestrichen und strahlend entgegen.
Am Samstag, dem 9. Mai 1908, war es soweit. Ruhig und feierlich, so als ob nichts gewesen wäre, verlief die Weihe der durch Säulen in drei Schiffe geteilten Pfarrkirche, erbaut „im Stile der Florentiner Renaissance“.
Gekürzt und für ein breiteres Publikum adaptiert aus der Originalversion von em. Univ.-Prof. Dr. Maximilian Liebmann, Quelle: Pfarrblatt St. Josef, 4/2008